DGfK e.V.

Deutsche Gesellschaft für Karriereberatung e.V.

Veränderte Kommunikationsanforderungen im Rahmen heutiger Bewerbungen

Wenn man sich heute bewirbt, dann ist das eine ganz andere Sache als noch vor einigen Jahren: Personalabteilungen und Personalentscheider haben heute weniger Zeit als früher, die gestiegene Anzahl von Bewerbungsunterlagen zu sichten und zu beurteilen. Der Druck auf die Entscheider ist größer geworden – die tägliche E-Mail-Flut, Meetings, Projekte etc. lassen weniger Zeit übrig für die Beurteilung von Bewerbungsunterlagen. Und damit für die Entscheidung, ob deren Verfasser ein passender Kandidat für die offene Stelle sein könnte, den man zum Gespräch einladen sollte.

Das bedeutet, heutige Bewerber sollten es dem eiligen Leser ihrer Bewerbungsunterlagen leicht machen, ihren speziellen Mehrwert zu erkennen. Und mitunter sollte man den Leser auch im eigenen Interesse durch die Unterlagen „leiten“, manches sinnvoll zusammenfassen – etwa in einem Kurzprofil am Anfang des Lebenslaufs (Wen bekommt der Personalentscheider, wenn er den Bewerber einstellt?). Oder Kompetenzen, die sich nicht direkt aus Lebenslauf und Zeugnissen herauslesen lassen, in einem Kompetenzprofil „auf den Punkt zu bringen“. Und solch ein Kompetenzprofil nicht nur profan als Tabelle darstellen, sondern einmal ganz anders zu visualisieren.

Projekte könnte man in einer vom Lebenslauf getrennten Projektliste aufführen. Auch hier geht es wieder um Empfängerorientierung – ergo das Projekt inhaltlich kurz beschreiben die jeweiligen Dimensionen (Anzahl eingebundener Personen, Budget, Zeitrahmen), Verantwortlichkeiten und Ergebnisse aufführen. Der Leser soll eine möglichst konkrete Idee davon bekommen, was der Bewerber geleistet hat.

Zudem ist Kommunikation durch die Entwicklung der sozialen Medien generell schneller geworden und dies gilt es auch im Rahmen der Bewerbungsunterlagen zu beherzigen. Bei deren Gestaltung hat man heute sehr viel mehr Freiheiten – vor allem im Weglassen: Viele bei berufserfahrenen Bewerbern unwichtige Aspekte, wie z.B. die genaue Angabe verschiedener Schulbesuche, lässt man heute eher weg bzw. kommuniziert nur noch den höchsten Abschluss. Immer weniger Empfänger machen sich in der ersten Vorauswahl der Bewerber die Mühe, die Zeugnisse umfänglich zu lesen. Daher müssen die relevanten Aufgabenbereiche und Verantwortlichkeiten wieder ausführlicher im Lebenslauf verdeutlicht werden. Hierbei sollten Bewerber natürlich die Reihenfolge im Hinblick auf für die Zielposition Relevantes beachten und entsprechend priorisieren. Absolute Empfängerorientierung ist wichtig – nicht, was den Absender interessiert, sondern (fast) nur das, was für die angestrebte Position ein Argument sein kann.

Auch Bewerbungsanschreiben sollten den Empfänger nicht ob ihres Umfangs abschrecken. Hier ist weniger oft mehr – eher eine halbe als eine ganze DIN-A4-Seite. Die meisten Bewerber machen den Fehler, im Anschreiben „die ganze Geschichte“ kommunizieren zu wollen. Aber das Anschreiben soll eher ein Appetizer sein, soll neugierig auf die Unterlagen machen – und nicht alles erzählen, was ohnehin im Lebenslauf steht. Auch ist in diesem Zusammenhang wichtig, übliche und stereotypische Formulierungen beim Einstieg (Hiermit bewerbe ich mich…, Mit großem Interesse habe ich Ihre Stellenanzeige gelesen…) oder bei der Selbstbeschreibung (flexibel, belastbar, teamfähig…) zu unterlassen. Vielmehr sollten Bewerber zu Anfang die Frage zu beantworten, warum man sich gerade bei diesem Unternehmen bewirbt - und warum man glaubt, ein passender Kandidat für die angestrebte Stelle zu sein! In der Kürze liegt hier die Würze! Überfordern Sie den Leser nicht durch lange und komplizierte Sätze, erzeugen Sie einen Lesefluss („Flow“). Häufig hilft es, wenn man Anschreiben gemeinsam mit einem Sparringspartner, der gerne formuliert, erstellt.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass es heute schwerer ist, sich mit seinen Bewerbungsunterlagen von der Masse der Mitbewerber positiv abzuheben. Daher helfen empfängerorientierte Formulierungen, eine übersichtliche Struktur, sinnvolle Zusammenfassungen sowie die Reduktion auf das Wesentliche.

Damit Bewerber trotz des immer schneller werdenden Taktes in der Arbeitswelt mit ihren Unterlagen punkten können.


 

Oliver Braust

Karrierecoach und Trainer

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